Ein Mann für Sitze, Stühle und Sofas

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Hattingen.   Dieter Buschinsky sorgt dafür, dass Reisende und Patienten es bequem haben

Eine Prinzessin und ein Prinz tanzen auf der Stickerei. Damen haben sie ihm anvertraut, damit er daraus ein bezauberndes Sofa macht: Dieter Buschinsky (50) ist Polsterer. In seiner Werkstatt an der Bredenscheider Straße 89 liegt ein zur Seite gekippter Sessel auf dem Boden, Stühle ohne Rückenteil stehen daneben, an der Wand hängen Zangen, Hämmer, Scheren und Messer verschiedenster Art und Größe. „Alles worauf man sitzt, schläft und liegt, beziehe ich neu oder repariere es“, sagt Dieter Buschinsky.

Vor allem aus Hattingen und Umgebung bekommt er Aufträge. Dann steigt er ins Auto, fährt zu den Kunden nach Hause, schaut sich die Möbelstücke an. Er nimmt sie mit in seine Werkstatt und bringt sie danach wieder zurück. Dafür nimmt er sogar eine kleine Reise auf sich. „Einen Sessel habe ich nach Berlin geliefert“, erzählt Dieter Buschinsky, „eine Frau aus Hattingen hat ihrer Schwester aus Berlin einen Sessel geschenkt. Ich habe den Sessel hingebracht und das mit einem Aufenthalt übers Wochenende in Berlin verbunden.“ Zu achtzig Prozent stammen seine Aufträge von Privatkunden. „Das sind zum Beispiel Handwerker, aber auch Doktoren und Menschen, die den Stuhl ihrer Eltern oder Großeltern als Erinnerung und Lieblingsstück behalten wollen.“

Zu zwanzig Prozent erhält er Aufträge aus dem öffentlichen Dienst. „Ich repariere gerade eine Liege und Stühle für das Evangelische Krankenhaus“, so Buschinsky. „Für eine Lokomotivfabrik bearbeite ich Sitze einer Lok.“

Im Radio läuft Musik. Er arbeitet alleine. „Seit ungefähr fünf Jahren. Für einen Auszubildenden habe ich daher keine Zeit.“ Seine Lebensgefährtin Jutta Schläfke schreibt Rechnungen, kümmert sich um die Buchführung. Im eigenen Wohnzimmer ist es farbenfroh. „Unsere Couch ist blau und aus dem Mikrofaserstoff Alcantara. Im Moment ist Mikrofaser im Trend. Außerdem Sessel, die mit verschiedenen farbigen Stoffen und Mustern bezogen werden und der Landhausstil mit Blümchen.“ Früher, in den 1970er und 1980er Jahren, sei Mohair beliebt – Wolle der Angoraziege.

In der Regel benötigt Dieter Buschinsky einen Tag, um einen Sessel neu zu beziehen. „Früher wurde jeder Nagel einzeln mit dem Hammer hineingeschlagen, heute wird das maschinell getackert oder mit einer Ziernägel-Pistole geschossen.“ Mancher Sessel war schon drei- oder viermal bei ihm, kommt nach Jahren immer mal wieder. „Weil er ein Fernsehsessel ist und oft darauf gesessen wird.“ Doch nicht nur fürs Wohnzimmer, für den Warteraum im Krankenhaus oder für Reisende einer Lokomotive arbeitet er, er repariert auch Sitze fürs Auto oder Motorrad.„Ein Motorradfahrer hat sich eine Harley Davidson selbst gebaut und ich habe ihm beim Sitz geholfen.“

Wie viele Sitze, Sessel, Stühle und Sofas er in all den Jahren neu bezogen und repariert hat, kann er nicht einmal schätzen. „Eine ganze Menge“, sagt er lachend.

Lene Lemmer / 13.06.2012